Moin,
auch wir aus dem Münzviertel nehmen selbstverständlich an der heutigen MIETENmoveDemo teil.
Wir erheben unsere Stimme gegen Mietwucher bei Wohnraum. Gegen profitgeile Investoren und Projektentwickler. Gegen deren Lakeien, die Hamburger Finanzbehörde. Gegen die Konzentration von Hotels und All-Inclusive-Apartements und mit alldem einhergehend:
Gegen die vermehrte Privatisierung von städtischen Flächen gerade um den Hamburger Hauptbahnhof.
Wir im Münzviertel kämpfen zusammen mit dem Bündnis Stadtherz für eine Soziale Stadtentwicklung rund um den Hauptbahnhof. Und wir wehren uns täglich gegen Fehlplanungen, die das Gemeinwesen im Münzviertel zerstören.
http://www.buendnisstadtherz.org
Das Münzviertel ist ein kleines Quartier hier gleich um die Ecke, hinter der Bibliothek. Von den circa 2000 Bewohnern sind fast ein Drittel Wohnungslose, die ihre Postadresse im Münzviertel haben. Und das ist auch gut so, denn sie sind unsere Nachbarn und gehören zu uns.
Das Münzviertel ist auch ein der Ort der Kunst und Kultur, des Begegnens und Austauschens. Wir organisieren uns und viele Projekte selbst. Wir schaffen somit ein intaktes soziales und kulturelles Gemeinwesen.
Wir kämpfen im Viertel für mehr sozialen und bezahlbaren Wohnraum und den Erhalt von sozialen Einrichtungen nahe des Hauptbahnhofs. Wir kämpfen für eine Stadt in der alle ihren Platz haben und leben können auch und gerade im Zentrum!
https://www.muenzviertel.de/wir-koennen-es-besser-unser-entwurf-neubebauung-ehemaliges-grundstueck-schule-fuer-hoergeschaedigte-schultzweg-9/
Was uns krass aufregt, ist die Touristification unseres Stadtteils. Warum regt uns das so auf? Sind wir nicht auch oft genug Touristen, wenn wir Freunde und andere Städte besuchen?
JA, aber im Münzviertel nimmt das Ausmaße an! Auf eine Bewohnerin bzw. einen Bewohner kommen mittlerweile drei Hotelzimmer.
Zimmer nicht Betten!
Stellt euch mal die Dimension vor! Auf jede Bewohnerin bzw. jeden Bewohner kommen also circa 5 Rollkoffer. Wir werden wortwörtlich überrollt. Und es sollen noch zwei weitere Hotels folgen, die inmitten des Münzviertels platziert werden. Wo ist das denn bitte noch verträglich?
September 2017
Das Münzviertel mutiert dadurch mehr und mehr zum Transitort. Wir wollen aber kein reiner To-Go-Ort sein. Wir wollen keine Schlafstadt für die Hamburg-Touristen sein.
Diese Hotelinvasion bedroht ganz konkret das Gemeinwesen unseres Stadtteils. Denn jedes Hotel ist ein abgeschottetes, cleanes, Universum, das mit dem Stadtteil nix Positives zu tun hat. Dafürbekommt der Stadtteil Security-Brigaden, die unsere Nachbarn vertreiben, nur weil sie kein Obdach haben. Wir bekommen von den Hotels Kameras an jeder Ecke, die nicht nur ihre Kundschaft, sondern vor allem uns – die Bewohnenden des Stadtteils überwachen.
So zerstören sie unsere Kultur. Und die Stadt Hamburg? Findet das Gut! Verkauft die städtischen Grundstücke massenhaft an die Hotels und die Finanzbehörde kann die Schwarze Null präsentieren. So wird man Bundesfinanzminister. Fuck off!
https://www.muenzviertel.de/einladung-zur-kundgebung-die-viertel-denen-die-drin-leben-donnerstag-7-9-2017-muenzplatz-18-00-uhr/
Doch damit nicht genug. Im Windschatten dieser Entwicklung kommen sogenannte Smartments und All-Inclusive-Apartments. Die sind für temporäres Wohnen ausgelegt. Auf den Homepages steht ihre Zielgruppen seien Studierende, Auszubildende, Pendler.
Aber checkt mal den Preis! Rund 500 € soll ein 17 qm Einzelapartment im Smart-Ment kosten.
500 € für 17 qm!
Hinzu kommen bei Bedarf Waschsalon- und Parkplatzgebühren. Welcher Auszubildende soll sich das leisten, ohne die Eltern nach Kohle zu fragen? Auszubildende bekommen im Schnitt 830 € monatlich. Die Miete entspräche 60 % des Einkommens. Zum Überleben bleibt da nichts. Die sollen sich dann nur noch von YumYum-Suppen ernähren, oder was?
Und es geht noch schlimmer:
Tschüss Wohnungssuche! Weniger Sorgen – mehr Leben.
Das ist der Werbeslogan einer Broschüre für All-Inclusive-Apartments am Neuen Hühnerposten, direkt hinter der Zentralbibliothek. Das nennt sich dann THE NEW HAMBURG LIVING
https://www.muenzviertel.de/real-satire-bett-schrank-tisch-stuhl-regal-fertig-alles-klar-und-aufgeraeumt-es-wird-kalt-und-leer-im-muenzviertel-neuer-huehnerposten-the-new-hamburg-living-ii/
Und ist echt ein Schnapper! Ab 670 € – (im Monat versteht sich) bekommt man ein 19 qm großes Einzelapartment! 19 qm!!! 670 € – das ist fast der Bafög-Höchstsatz!
Sie machen Werbung mit Lounge Bereich, Concierge, einem Gemeinschaftsraum und – wartet jetzt kommt das Beste – einem Personal Trainer von „erfolgskörper.com“.
Leute, ich kotz gleich. Was ist das für ein Humbug? Wer zieht denn dort ein? Ach ja Pendler, Young Professionals und Studierende – die dann ein Drittel bis die Hälfte ihres Nettoeinkommens fürs Wohnen ausgeben? Und vor allem: Ich kann mir schon vorstellen wie lange die dort wohnen und wieviel die mit der Viertelkultur zu tun haben werden.
Diese All-Inclusive-Appartments, 353 an der Zahl, sind eine krasse Fehlplanung. Das Gebäude ist nach eigenen Beobachtungen lediglich zu einem Drittel bewohnt, während zum Wintersemesterbeginn 2016 10.000 Neustudierende nach bezahlbaren Wohnraum gesucht haben und in Turnhallen übernachten mussten.
Was geht ab? Ich glaub es hackt?
Herr Osterburg von den Grünen HH-Mitte sagte dazu 2015 im HH-Abendblatt „Sowas passiert uns nicht wieder“. Aha! Genau gegenüber dieses New Hamburg Living ist ein weiterer dieser Scheißdinger geplant – auf einem ehemals städtischen Grundstück. Herr Osterburg sitzt in der Kommission zur Vergabe städtischer Grundstücke – ohne Worte!
https://www.abendblatt.de/hamburg/hamburg-mitte/article205460485/500-Euro-Kaltmiete-fuer-neue-Studentenwohnungen.html
Wir wissen was sie uns damit sagen wollen: Tschüss Gemeinwesen im Münzviertel. Tschüss Gemeinwesen in vielen anderen Stadtteilen. Tschüss, bezahlbarer Wohnraum. Tschüss soziale Stadtentwicklung.
Aber wir sagen: Fuck you! Wir sagen: Tschüss Smartments! Tschüss All-Inclusive-Apartments! Tschüss Hotels! und tschüss Rollkoffer!
Herzlich Willkommen rebellische Stadtteile und eine Stadt für alle.
Auf Wiedersehen!
Stadtteilinitiative Münzviertel
Nicole Raddatz