„Blätter, so zart“
Münzstraße 2012
„… diese Bilder indizieren mehr: Sie sind Resultate eines Prozesses der genauen Untersuchung und langfristigen Beobachtung. Sie sind Zeugnis sensibler Annäherung an für nebensächlich gehaltene Details. Als solche enthalten diese Fotografien Zeit. Sie enthalten die Ausdauer und das Warten auf den richtigen Moment, in dem der jeweilige Gegenstand so ins Licht gerückt ist, dass er in seiner Besonderheit wahrnehmbar wird. …“
aus: Rahel Puffert „NUR DER SICHTBARE TEIL“ in „Günter Westphal / Blätter, so zart“
Galerie Renate Kammer, Hamburg, S.49. 2012
„… Das Werkhaus mit seinem bisweilen einzigartigen Konzept schafft für alle Beteiligten eine wichtige Besonderheit: Einen stetigen Raum zeitlicher und inhaltlicher Freiheit.
In einer Atmosphäre, die zudem durch ein hohes Maß an Wertschätzung und einem respektvollen Umgang untereinander geprägt ist, bietet dieses immaterielle Gut »ungebundene Zeit« Gelegenheit, sich zu gewöhnen und dem Werkhaus anzuvertrauen. Gleichzeitig beinhaltet »ungebundene Zeit« einen kontinuierlichen Appell, der eher aus den Beteiligten selbst als von außen kommend wahrgenommen wird: Sie fordert uns dazu auf, das eigene (Nichts¬)Tun zu reflektieren und »ungebundene Zeit« sinnvoll zu nutzen und zu gestalten. …“
aus: Tobias Filmar „Heft #3“ Werkhaus Münzviertel, Hamburg, S.5, 2016 https://werkhaus-muenzviertel.de/onewebmedia/werkhaus_heft_nr_3.pdf
Werkhaus Münzviertel
Das „WERKHAUS MÜNZVIERTEL zur Verschränkung von Pädagogik, Kunst und Quartiersarbeit“ ist ein niedrigschwelliges Angebot für wohnungslose oder von Wohnungslosigkeit bedrohte Jungerwachsene bis zum Alter von 27 Jahren, auf die existierende Schulungs- und Sozialangebote nicht passen. Es ist zugleich ein Ort des Anhaltens und Ankommens für Jungerwachsene, die aus ihren Herkunftsländern geflohen sind und sich z.B. im Asylverfahren befinden.
Das Werkhaus basiert auf der Idee, dass Lernprozesse über Produktionsprozesse erfolgen, und orientiert sich an dem Konzept des Bauhauses: Parallelität von künstlerischer, handwerklicher Ausbildung in Kollektiven. Mit Respekt vor der Eigenheit des Einzelnen, dem Recht auf Mitbestimmung und der konsequenten künstlerischen Initiierung kollektiver Projektarbeiten werden (nicht nur) junge Erwachsenen aktiviert und motiviert, ihren Lebensweg möglichst selbstbestimmt zu gestalten.
https://werkhaus-muenzviertel.de
Anthropologischer Kunstbegriff
Kunstarbeit im sozialen Raum beinhaltet ein Arbeiten mit den Menschen in dessen Mitte der jeweils einzelne Mensch als soziales Wesen steht. Eine Sozialität, die sich im Geheimnis der unmittelbaren Wahrnehmung und sinnlichen Empfindungen (Aisthesis) der Menschen untereinander (Empathie) gründet. Denn im unmittelbaren entblößten Antlitz des Anderen – welches „uns verbietet zu töten“ (Emanuel Lévinas (1) – bin ich verantwortlich (Ethik) für meinen unmittelbaren Nächsten (Ästhetik (2)).
(1) „Das (unmittelbare entblößte) Antlitz ist exponiert, bedroht, als würde es uns zu einem Akt der Gewalt einladen. Zugleich ist das Antlitz das, was uns verbietet, zu töten.“ aus: Emmanuel Lévinas „Ethik und Unendlichkeit“ S.65, 1982
(2) „Ästhetische Akte dienen unmittelbar einem zumindest rudimentär ethischen Ziel: der Führung eines gelingenden Lebens“ aus: Wolfgang Welsch „Ästhet/hik / Ethische Implikationen und Konsequenzen der Ästhetik“ in „Ethik und Ästhetik“ S. 6, 1994
Repräsentativer Kunstbegriff
Altmannbrücke / Münzstraße 2022
Mit der Kunstarbeit im sozialen Raum begebe ich mich in gesellschaftspolitischer Abgrenzung zur elitären Hochkultur – des tradierten (3) „L´art pour l´art“ mit dessen institutionellen Ausstellungsräumen (4) und ökonomischen Prämissen – dorthin, wo die Menschen mit ihren Träumen, Empfindungen und Gestaltungskräften sind.
(3) „Der repräsentative Kunstbegriff unternimmt es, Tradition strukturell so identisch wie möglich fortzusetzen. Er reproduziert sich mit seinen eigenen Inhalten, z.B. der Genieästhetik oder der Ästhetik des Erhabenen. Dementsprechend kann sich dieser Kunstbegriff voll auf die Resonanzwirkungen des von ihm dominierten Feldes verlassen und seine eigene Fortsetzbarkeit durch theoretische und praktische Zirkularität gewährleisten, zu der insbesondere auch sogenannte »Innovationen« und »Grenzüberschreitungen« gehören.“
aus: Pierangelo Maset „Bewegungsabläufe nervöser Kunstbegriffe“ in Rollig, Stella/ Sturm, Eva (Hg.) „Dürfen die das?“ S.1, Wien 2001
4) „Unter den Orten der Kunst nimmt der institutionelle Ausstellungsraum einen besonderen Stellenwert ein. Er ist der Ort, der seit dem 18. Jahrhundert dem einzigen Zweck der Kunst dient. Nach der Definition Brain O`Dohertys, der 1976 die „Ideologie des Galerieraumes“ enthüllte, die sich hinter der scheinbaren Neutralität des „White Cube“ verbirgt, hält die „ideale Galerie (…) vom Kunstwerk alle Hinweise fern, welche die Tatsache, daß es „Kunst“ ist, stören könnte.“
aus: Nina Möntmann „Kunst als sozialer Raum“ S.10, Köln 2002
Münzstraße 2019 / 2012
„Es sind die Blätter dicht
Und doch so dünn und zart,
Dass selbst das Licht
Durch ihr so angenehm gefärbte Gewebe bricht,
Sich mit den rötlichen gelinden Farben paart
Und, selber rot gefärbt, die innern Blätter färbet.„
Barthold Hinrich Brockes* – aus „Die Rose“
„Irdisches Vergnügen in Gott“ 1721 – 1748
* „Heimatkunde Münzviertel / Ein poetischer Aufriss /“
Galerie Renate Kammer 14.7.16: