Ein Jahr Werkhaus Münzviertel – ein Modellprojekt zur Verschränkung von Pädagogik, Kunst und Quartiersarbeit
Das Modellprojekt Werkhaus Münzviertel ist ein offenes Feld, prozesshaft und unfertig. Theorie und Praxis des Werkhauses ist neben der Pädagogik und der Quartiersarbeit die Kunst. Alle drei Arbeitsfelder, quer und ineinander verwoben, sind in der ersten Phase (Gewerk: Grün) ausgerichtet auf obdachlose Jungerwachsene, über deren Lebens-Wirklichkeiten wir nichts wissen, außer dass sie aus sämtlichen normativen Schul- und Sozialnetzen heraus gefallen sind. Unser Wissen über dieses Nichtwissen ist unser Wissen. Vieles ist möglich.
Doch unser Wissen von dem sinnlichen Vermögen eines jeden erkennenden Subjekts, ob obdachlos oder wohnhaft, ob gebildet oder ungebildet etc., ermöglicht es uns, unter dem Primat der künstlerischen Praxis bei jedem Werkhäusler dessen sinnliche Wahrnehmungs-, Empfindungs- und Schöpfungspotenziale aufzuspüren und zu erweitern. Ziel ist es, im Verbund mit den anderen Arbeitsfeldern des Werkhauses das Selbstwertgefühl der jeweiligen Werkhäuslerin und des Werkhäuslers zu stärken. Auf diese Weise wollen wir es ihnen ermöglichen, ihre jeweils eigene Lebens-Wirklichkeit zu hinterfragen und gegebenenfalls (so unser Hoffen) zu verändern.
Ein Jahr Werkhaus Münzviertel beinhaltet: raus aus der Theorie – rein in die Praxis. Ein Jahr Werkhaus-Praxis beinhaltet, jede Woche von Montag bis Donnerstag jeweils von 8.30 bis 15 Uhr Anlaufstelle für bisher ca. 50 bis 60 obdachlose männliche Jungerwachsene zwischen 18 und 27 Jahren zu sein. Davon sind einige nur ein-, zwei- oder dreimal während des Jahres im Werkhaus erschienen, andere fast täglich, wiederum andere im Monat zwei- bis dreimal unregelmäßig oder ein bis zwei Wochen fast täglich, um dann ohne Ankündigung ganz fort zu bleiben und dann nach Wochen oder Monaten urplötzlich wiederum ohne Ankündigung im Werkhaus aufzutauchen.
Ein Jahr Werkhaus-Praxis, auf ca. 200 qm Raumfläche beschränkt und eng vernetzt mit den ortsansässigen sozialen Einrichtungen von »hoffnungsorte hamburg«, bestätigt deutlich unseren Ruf nach einem niedrigschwelligen Angebot für obdachlose Jungerwachsene vor Ort und weit darüber hinaus. Was dringend fehlt, ist die Einrichtung eines zweiten Gewerks als gezieltes Angebot für obdachlose, weibliche
Jungerwachsene. Wir bleiben dran.
Günter Westphal, November 2014
aus: Heft # 1
Dokumentation Werkhaus Münzviertel
Oktober 2013 – März 2014
s. auch: http://www.hinzundkunzt.de/werkhaus/
s. weiter: https://www.muenzviertel.de/?p=1995