Nachbarschaft ist ein schönes Ding. Ein Nachbar ist jemand, der meist mehr als eine Übereinstimmung mit einem selbst hat. Meist ist er soziodemographisch aus dem selben Level, will sagen das Portugiesenviertel ist angereichert mit Portugiesen, Pöseldorf ist voller Pösel, St.Georg voller Georgs die mit ihrer Lanze hantieren. Gleich und Gleich gesellt sich gern, heißt es. So auch mit Nachbarn. In allen Stadtteilen? Nein, es gibt da ein kleines Quartier, das sich dem Begriff Nachbarschaft widersetzt und doch lebt.
Im Quartier Münzviertel ist es bunt. Das beginnt bei den Hautfarben, geht weiter über die sozialen Einrichtungen wie „Herz As“; Jugendwerkstatt Rosenallee, Gesundheitszentrum St. Georg, Haus Jonas, die neben den anderen Münzviertlern leben. Hier gibt es mitten im Zentrum der Stadt einigermaßen günstigen Wohnraum, was besonders Studenten in ihren WGs zu schätzen wissen. Es gibt Freiberufler und Festangestellte. Es gibt viel Unterschiede, die sich befruchten. Die Kunstmeile endet hier, oder fängt hier an, wie man will. Belesen wird man durch die Zentralbibliothek. Es gibt hier Intellekt, Offenheit und Initiativen.
Und es gibt die Nachbarn Gewerbetreibene und die Nachbarn Hausbesitzer. Die kämpfen mit Umsatzschwäche und Leerstand. Aber was heißt kämpfen? Denn schlecht funktioniert ein Geschäft von allein. Die anderen Nachbarn stellen immer wieder genervt fest, dass diejenigen, die ein vitales Interesse daran haben sollten, dass hier im Quartier etwas passiert, dass es geliebt und gepflegt wird, sich tot stellen. Wenn man an ihre Tür klopft und um etwas bittet, dann passiert meist nichts. Oder nichts Gutes. Dabei wollen die Münzviertler nicht einmal etwas, was Geld kostet. Zum Beispiel könnte man die seit vielen Jahren bzw. sogar über ganze Jahrzehnte hinweg leer stehende Räume für die Quartierstreffen und Stadtteilarbeit nutzen. Oder wie wäre es eine wirklich kostengünstige Anzeige zu schalten, die zum finanziellen Unterhalt der bloßen Druckosten für diese 4 Seiten beitragen (Infos bei Frau Lieske unter Tel.: 040-24 68 43). Denkt noch einmal darüber nach: Wir ziehen alle an einem Strang. Strengt euch auch ein bisschen an. Bitte! Hallo Nachbar? Danke schön.
Günter Westphal 2005